Der Winterthurer Patrick Soutter war von Anfang an bei «Fill me» dabei und treibt die Expansion des in der Eulachstadt ansässigen Unternehmens mit seinem Kollegen Cuno Singer voran.
Text: Corinne Päper
An vielen Orten der Welt ist Hahnenwasser verunreinigt und nicht trinkbar. Nicht so in der Schweiz: Jährlich werden hierzulande 5000 Proben entnommen, um dessen Qualität zu gewährleisten. Damit gehört es zu den meist geprüften Lebensmitteln in der Schweiz. Diesen Aufwand schätzen die in der Schweiz Ansässigen: Fast 90 Prozent schmeckt das Hahnenwasser. Trotzdem trinken sie täglich eine Flasche abgepacktes Mineralwasser. Dieses kommt jedoch grösstenteils aus dem Ausland und hat weite Transportwege hinter sich. Abgefülltes Flaschenwasser ist zudem sehr teuer: Es kostet fast einen Franken pro Liter, während dieselbe Wassermenge aus dem Hahnen das Haushaltsbudget mit nur wenigen Rappen belastet.
Fast niemand kennt diese Fakten besser, als der Winterthurer Patrick Soutter, der seit Januar 2020 Marketing-Chef beim Trinkflaschen Hersteller «Fill me» ist. Das Ziel des in Winterthur angesiedelten Unternehmens ist gleichzeitig seins: «Sauberes Trinkwasser für alle». Das bedeutet für ihn vor allem, Unternehmen und Eventorganisationen dazu zu bewegen, beim Trinkwasser auf Wasser aus dem Hahnen zu setzen, den CO2-Ausstoss durch lange Transportwege zu vermeiden und «plastikfrei» zu werden. Gutes für die Umwelt zu tun, liegt im Trend. Das nützt «Fill me»: Immer mehr Firmen und Organisationen verzichten auf plastikverpackte Mineralwässer. Erst kürzlich bekannte sich die NZZ Mediengruppe dazu, an sämtlichen Kongressen nur noch «Fill me» Flaschen zu verwenden, die Teilnehmende mit Wasser aus dem Hahnen oder Wasserspendern befüllen können. Auch die in Winterthur situierte ZHAW gehört zu den «Fill me»- Kunden.
Mit «Züüriwasser» Plastik einsparen
Im August 2011 initiierte Produktdesigner Andreas Batliner mit seiner Stiftung «Drink and Donate» das Projekt «Züri Wasser», das Restaurantbesucher veranlassen sollte, vermehrt Leitungswasser zu trinken, gleichzeitig einen Franken an ein Trinkwasserprojekt zu spenden und die Gastwirte für diesen Aufwand zu entschädigen. Das Projekt fand Anklang:
Bald entdeckte auch die Zürcher Kantonalbank das Potenzial des «Züri Wassers». Fortan verzichtete die Bank auf abgepacktes Mineralwasser und servierte Mitarbeitenden sowie Kundinnen und Kunden nur noch Hahnenwasser. Dieses sollte jedoch in Flaschen und nicht etwa in Karaffen präsentiert werden. Deshalb beauftragte die ZKB den «Drink and Donate»-Geschäftsführer Andreas Batliner, leichte und hitzebeständige Flaschen aus bruchfestem Laborglas mit «praktischem Bügelverschluss» zu entwickeln. Im Gegenzug versprach die Bank, eine bestimmte Menge abzunehmen, um die für die Herstellung der Flaschen erforderlichen Werkzeuge mitzufinanzieren. Der Erstproduktion stand nun also nichts mehr im Weg.
Wachstum durch Weiterempfehlung
Die «Fill-me» Flasche wird bald auch ausserhalb der Bankenbranche geschätzt: Durch die Mund-zu-Mund-Propaganda steigt die Nachfrage so stark, dass Andreas Batliners’ Designagentur und die kleine «Drink and Donate»-Stiftung die damit verbundenen betriebswirtschaftlichen Aufgaben fast nicht mehr bewältigen können. Die Gründung einer Firma steht im Raum, die sich der Produktion und dem Vertrieb der Flaschen widmen soll. «Fill me» ist geboren.
Über Umwege zum Weltenretter
Von «Fill me» erfährt Soutter 2018 über einen nahestehenden Kollegen, der Andreas Batliner bei der Stiftung «Drink and Donate» begleitete und ihn beim Aufbau von «Fill me» half. Soutter, der bei Canon und SAP leitende Marketing- und Kommunikationsfunktionen bekleidet hatte und als selbständiger Berater verschiedene Mandate in diesen Bereichen ausübte, zögert nicht, als er gefragt wird, ob er das Marketing, die Kommunikation sowie die IT des Jungunternehmens übernehmen wolle. Mit seiner Ankunft war die Crew jedoch noch nicht komplett: Es brauchte einen Kapitän. Diesen fand Soutter in Cuno Singer, einem Kollegen, der zuvor bei Dyson die Geschäftsführung in der Schweiz und den europäischen Vertrieb verantwortete. Der Standort von «Fill me» an der Neuwiesenstrasse 31 ist nicht zufällig gewählt: «Der Arbeitsweg ist für uns ähnlich kurz», sagt Soutter. «Andreas Batliners Büro befindet sich in Winterthur, während ich in Seuzach wohne und Cuno Singer von Wettingen kommt.» Obschon das Unternehmen seinen Sitz in der Schweiz hat, werden die Flaschen in Deutschland produziert. Das aus einem pragmatischen Grund: «Es gibt hierzulande keine Fabrik, die Borosilikat-Flaschen produzieren kann», sagt Soutter. Rund 50 000 Flaschen verlassen aktuell die deutsche Fabrik. Bald sollen es noch mehr werden: Batliner, Singer und Soutter wollen mit «Fill me» innerhalb Europas expandieren. Ein schöner Gedanke: Eine Flasche aus Winterthur erobert die Welt.
Fill me
«Fill me»-Flaschen sind in 0.6 oder 1-Liter-Grössen im Onlineshop und im Handel erhältlich. In Winterthur beispielsweise beim «Changemaker» am Obertor. Firmen können Flaschen zudem nach eigenem Wunsch grafisch gestalten lassen. Pro verkaufter Flasche geht ein Franken an die Trinkwasserstiftung «Drink and Donate», die verschiedene Trinkwasserprojekte in Zusammenarbeit mit Organisationen wie Helvetas finanziert.
www.fill-me.
Der Text erschien im Juni 2023 in der Winterthurer Zeitung
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